Am 1. März 2024 fand in allen christlichen Ländern der überkonfessionelle "Weltgebetstag der Frauen 2024" statt, der diesmal von Frauen aus Palästina gestaltet wurde. In den Texten des Gottesdienstes wird durch eine äußerst einseitige und verzerrte Darstellung der Judenstaat Israel dämonisiert und antiisraelische und antijüdische Ressentiments geweckt.
In einer Zeit, in der weltweit der Judenhass erschreckend zunimmt, in der in Deutschland ein jüdischer Student an der Universität Berlin krankenhausreif geschlagen wird und jüdische Mitbürger täglich Beleidigungen und Anfeindungen ausgesetzt sind, war die Durchführung dieser Veranstaltung mehr als unangebracht.
Bereits vor dem terroristischen Anschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 war es unerträglich, dass die Verantwortlichen des Weltgebetstages als Titelbild ein Werk der Künstlerin und BDS-Aktivistin Halima Aziz wählten. BDS-Aktivisten (BDS steht für Boycott, Divestment and Sanctions, übersetzt: Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) wollen den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren. Führende BDS-Vertreter bestreiten offen das Existenzrecht Israels und wollen den Judenstaat abschaffen.
Die Künstlerin Halima Aziz malt seit vielen Jahren idyllische Bilder aus einer Welt, in der es kein Israel gibt und keine Juden. Aufgrund ihres Israelhasses wurde Ende Oktober 2023 eine Ausstellung ihrer Werke im Filmhaus Köln abgesagt.
So war es keine Überraschung, dass die in Nordrhein Westfalen geborenen Künstlerin am Morgen des 9. Oktober 2023, als in Deutschland über das Hamas-Massaker bei einem Trance-Festival berichtet wird, in Instagram unter ihrem Account „palestinianartist" postete „I stand with Palestine“. Ihre Befürwortung des Massenmordens hat sie inzwischen gelöscht, es existieren aber weiterhin Screenshots. Einen Tag darauf – die Massaker dauerten an – rechtfertigt Aziz das Massaker, an dem an einem einzigen Tag so viele Juden ermordet wurden wie seit dem Holocaust nicht mehr, mit den Worten "Palestinians living under occupation have the right to resist such occupation.‘ (Übersetzt: Palästinenser, die unter Besatzung leben, haben das Recht, sich einer solchen Besetzung zu widersetzen.)
Es ist beschämend, wenn das Deutsche Komitee des Weltgebetstags schreibt "Das ursprüngliche Titelbild wird nicht mehr auf der Gottesdienstordnung, auf Postkarten, Plakaten und Spendentüten verwendet, da Vorwürfe gegen die Künstlerin, Hamas-freundlich zu sein, nicht ausgeräumt werden konnten." Ganz offensichtlich waren die BDS-Aktivitäten der Künstlerin und ihre Ablehnung des Existenzrechts Israel kein Grund dafür gewesen.
Es ist deswegen wenig glaubwürdig, wenn es im Vorwort zum Gottesdienst heißt: "Das deutsche Komitee hofft, dass der Weltgebetstag 2024 dazu beiträgt, das Band des Friedens weltweit, in Israel und Palästina, im Nahen Osten und bei uns in Deutschland wieder neu zu knüpfen." Nein, wo einem Land das Recht zu existieren abgesprochen wird, da kann es - für alle - keinen Frieden geben.
Die Gottesdiensttexte enthalten drei Geschichten von palästinensischen Christinnen, die in einer verzerrten und äußerst einseitigen Sicht den Staat Israel dämonisieren und wesentliche Tatsachen zur Entstehung des Konfliktes ausklammern.
Seite 10, Geschichte von Eleonor:
"Diese Kirche bestand bis zur Nakba, das ist in unserer Sprache das Wort für „Katastrophe" und so bezeichnen wir die Flucht und Zerstreuung von 75000 Palästinenser*innen zwischen 1947 und 1949. Auch meine Familie war darunter. Unter schwerem Beschuss und Bombardierung rannten meine Eltern um ihr Leben.“
Es wird im Text verschwiegen, dass in der Nacht nach der Staatsgründung Israels, am 16. Mai 1948, fünf arabische Staaten (Ägypten, Irak, Libanon, Transjordanien, Syrien) und zwei zusätzlichen Armeen aus arabischen Freiwilligen ohne formale Kriegserklärung Israel angriffen, um den Judenstaat zu vernichten. Erklärtes Ziel war die Auslöschung allen jüdischen Lebens. Dieser Angriffskrieg war die Ursache der Vertreibung, vor allem aber der Flucht der Palästinenser aus ihren Dörfern. Im Text wird der Angriffskrieg nicht nur verschwiegen, sondern mit der Textpassage "...Unter schwerem Beschuss und Bombardierung rannten meine Eltern um ihr Leben...“ werden Ursache und Wirkung verdreht und die Juden als Angreifer und Kriegstreiber dargestellt.
Völlig verschwiegen wird auch, dass neben den 750.000 palästinensischen Flüchtlingen im Laufe des arabischen Angriffskriegs auch 850.000 Juden aus ihrer arabischen Heimat vertrieben wurden.
Durch diese Weglassung entscheidender Fakten wird Israel einseitig zum Kriegstreiber dämonisiert. Diese verzerrte, einseitige Sicht ist antisemitisch.
Seite 13, Geschichte von Lina:
"Am 11. Mai 2022 habe ich meine Tante Shireen verloren, eine bekannte Journalistin, die im Westjordanland getötet wurde. Für mich war sie wie der Zweig eines Olivenbaums, der den starken Winden widersteht, die drohen, unsere Erfahrungen nicht anzuerkennen und zu zerstören.
Mit dem Tod von Tante Shireen hat Palästina eine Ikone, eine Legende und eine berühmte Journalistin des arabischen Fernsehsenders AI Jazeera verloren. ...
25 Jahre ihres Lebens hat Tante Shireen eingesetzt, um über palästinensische Erfahrungen zu berichten, durch ihre Stimme wurden diese öffentlich hörbar und erlangten Geltung."
Shireen Abu Akleh, Journalistin des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera, geriet in ein Feuergefecht zwischen israelischem Militär und palästinensischen Terroristen und wurde dabei getötet. Das Verschweigen dieser tragischen Umstände suggeriert, dass die Journalistin bewusst von Israel getötet wurde, um die Erfahrungen der Palästinenser "zu zerstören".
Fakt ist, dass der Fernsehsender Al Jazeera ebenso wie die Terrormiliz Hamas, die Muslimbrüder und andere radikalislamischer Terrororganisationen von der Regierung des Emirats Katar finanziert wird und in der dortigen Hauptstadt Doha seinen Sitz hat. Der Fernsehsender Al Jazeera berichtete im Oktober 2023 fälschlicherweise, dass Israel das Al-Ahli Hospital in Gaza zerbombt hätte und löste dadurch weltweit einen Sturm der Entrüstung gegen Israel und Angriffe auf Juden aus.
Seite 19, Geschichte von Sara:
Leiterin 1: "Die Staatsgründung Israels 1948 schaffte für Juden und Jüdinnen einen sicheren Zufluchtsort, für Palästinenser und Palästinenserinnen hatte sie vielfach Vertreibung und Verlust von Heimat zur Folge."
Zum wiederholten Mal wird bei den Teilnehmerinnen des Gottesdienstes der Eindruck erweckt, die Staatsgründung Israels sei auf Kosten der Palästinenser geschehen und hätte zu deren Vertreibung und dem Verlust ihrer Heimat geführt.
Wieder wird verschwiegen, dass - im Gegensatz zu Israel - die Palästinenser ebenso wie die arabischen Nachbarländer den Teilungsplan der UN abgelehnt und den neugegründeten Staat in der Nacht nach seiner Gründung angegriffen hatten, um ihn auszulöschen.
Die andauernde Verdrehung dieser Tatsachen festigt in den Teilnehmerinnen des Gottesdienstes ein falsches Geschichtsbild der Staatengründung Israels.
"Meine Großeltern lebten früher in Jaffa. Sie wuchsen dort auf und wohnten Haus an Haus mit christlichen, muslimischen und jüdischen Familien, bis sie 1948 mit Gewalt von dort vertrieben worden und nach Jordanien flüchteten. Auch viele andere Palästinenser*innen, die lange in diesem Land gelebt hatten, erlebten Flucht und Vertreibung. Wir nennen diese "Katastrophe" die Nakba."
Und wieder wird im Gottesdiensttext der Angriff der Araber auf Israel am Tag seiner Gründung am 16.05.1948 verschwiegen. Kein Wort über die Ablehnung der von den UN vorgesehenen Zwei-Staaten-Lösung durch die Araber. Stattdessen suggeriert der Satz "bis sie 1948 mit Gewalt von dort vertrieben wurden", dass die Vertreibung der Palästinenser mit Gewalt eine ausschließliche Folge der Staatsgründung Israels gewesen sei.
"Als ich später meine Großeltern in Jordanien besuchte, zeigte mir meine Großmutter die Schlüssel, die ihre Mutter mitgenommen hatte, weil auch sie damals ihr Haus verlassen musste. Sie bewahrte die Schlüssel auf in der Hoffnung, dass sie eines Tages in ihr Haus zurückkehren könnten."
Fakt ist vielmehr: Nach dem arabischen Angriff auf den neugegründeten Judenstaat flohen sehr viele Palästinenser aus Angst vor den attakierten Juden aus ihren Häusern und nahmen die Schlüssel mit, weil sie davon ausgingen, dass Israel in wenigen Tagen ausgelöscht sein würde und sie dann wieder in ihre Häuser zurückkehren könnten.
"Auch nach der zweiten Nakba von 1967 - im Anschluss an den Sechstagekrieg - und bis heute werden immer noch Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Viele haben ihre Schlüssel in der Hoffnung auf eine Rückkehr behaltenen, eine Hoffnung, die über viele Generationen weitergegeben wird."
Wieder wird verschwiegen, dass auch der Sechstagekrieg 1967 durch kriegsvorbereitende Aktionen des arabischen Nachbarlands Ägypten ausgelöst wurde. Ägypten hatte die Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt am 22. Mai gesperrt, die UNEF-Friedenstruppen vom Sinai verjagt und war mit 1.000 Panzern und fast 100.000 Soldaten an den Grenzen Israels aufmarschiert. Unterstützt wurde Ägypten von Jordanien, Syrien und den Palästinensern.
Aber wieder einmal blendet der Text jede Verantwortung der arabischen Staaten und der Palästinenser am geschichtlichen Geschehen aus und stellt allein den Judenstaat als Aggressor dar.
Erschreckendes Fazit:
Wenngleich vom Gottesdienstheft das Titelbild der Künstlerin und BDS-Aktivistin Aziz entfernt wurde - was nur dem bestialischen Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 geschuldet ist -, so beweist deren vorige Beauftragung die Haltung des Weltgebetstagskomitees, dem Staat Israel sein Existenzrecht abzusprechen. In den Texten werden bewusst geschichtliche Fakten verschwiegen, um Israel einseitig als gewalttätigen Aggressor zu dämonisieren, der im Rahmen seiner Staatsgründung unschuldige Palästinenser mit "schwerem Beschuss und Bombardierung" vertrieb und zu Heimatlosen machte.
Die arabischen Angriffskriege, Terroranschläge und der ihnen zugrundeliegende Judenhass, der von Anfang an auf eine Vernichtung des Judenstaates zielte, wird völlig ausgeklammert. Die Palästinenser werden als ewige Opfern der mordenden und vertreibenden Israelis gezeichnet. Israel, der Jude unter den Staaten, wird dämonisiert und ihm das moralische Recht seiner Existenz entzogen.
Es ist zutiefst beschämend, dass christlichen Kirchen, die über nahezu zweitausend Jahre Judenhass schürten und unendliches Leid über unzählige jüdische Menschen brachten, weiterhin Juden dämonisieren und Antisemitismus verbreiten.
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Der Autor Andreas Keller ist kath. Diplomtheologe und Pfarrer in Kaiserslautern. Er ist seit 2020 der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kaiserslautern der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.